Rechtsextreme zünden Pyrotechnik vor Eilenburger Geflüchtetenunterkunft: Staatsschutz ermittelt

Mit Pyrotechnik und fremdenfeindlichen Spruchbändern posierten Unbekannte am 18. Oktober vor der noch leerstehenden Geflüchtetenunterkunft in Eilenburg. Dahinter steckt mutmaßlich eine Gruppe aus Leipzig, die mit der Jugendorganisation der NPD in Verbindung steht. Der Staatsschutz ermittelt.

Die Geflüchtetenunterkunft auf dem Schanzberg in Eilenburg ist noch nicht eröffnet und schon ermittelt der Staatsschutz. Der Grund hierfür ist auf Bildern zu sehen, die derzeit in den sozialen Medien präsent sind.

Sie zeigen eine Gruppe dunkel gekleideter Personen, die ihre Gesichter halb mit Masken verdecken und mit Pyrotechnik sowie ausländerfeindlichen Spruchbändern und Schildern nachts vor der noch unbewohnten Notunterkunft stehen. Unter anderem findet sich der Beitrag auf der Facebookseite „Initiative – Unser Eilenburg“, die vor allem durch offen rassistische und sexistische Beiträge auffällt.

Mit Pyrotechnik auf dem Schanzberg: Personen auf den Bildern kommen mutmaßlich auch aus Leipzig

Die gezeigten Männer scheinen allerdings nicht allein aus Eilenburg zu kommen, sondern sich zumindest in Teilen aus Mitgliedern einer Leipziger Gruppe zusammenzusetzen, die sich die „Messestadtaktivisten“ nennt. Darauf weisen Beiträge auf dem Instagram-Profil der Gruppierung hin, die mit den Jungen Nationalisten, der Jugendorganisation der NPD (seit 2023: Die Heimat), in Verbindung steht oder sich zumindest mit ihnen solidarisiert.

„Migration tötet“ steht unter anderem auf den Schildern, die auf dem Schanzberg zurückgelassen und dort am 19. Oktober – einen Tag nach der Veröffentlichung der Fotos über Facebook – von der Polizei Eilenburg sichergestellt wurden. „Unserer Ansicht nach besteht ein Anfangsverdacht für einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“, sagt der Eilenburger Polizeichef Mario Mucke auf Anfrage der LVZ. Die strafrechtliche Bewertung der Schilder stehe noch aus. Die Ermittlungen in dieser Sache seien an den Staatsschutz übergeben worden.

„Schlechtes Image für Eilenburg“: Polizeichef und Bürgermeister äußern sich

Die Facebook-Gruppe, deren Administratoren auch der AfD Eilenburg immer wieder mit Fotos und Veranstaltungshinweisen unter die Arme greifen, sei laut Mucke ebenfalls bei der Polizei bekannt. Das „Internet-Monitoring“ gehöre allerdings nicht zu den Aufgaben des Reviers. Demnach werden die Inhalte der Gruppe nicht kritisch überprüft. Aktionen wie die auf dem Schanzberg bewerte er aber als „kritisch“, so Mucke. „Am Ende ist das ein schlechtes Signal, ein schlechtes Image für die Stadt Eilenburg.“

Eilenburgs Oberbürgermeister Ralf Scheler (parteilos) gibt an, dass er selbst nicht in den sozialen Medien unterwegs sei und daher erst per E-Mail von den Szenen auf dem Schanzberg erfahren habe. „Lediglich ein Bürger beschrieb mir bruchstückhaft seine Wahrnehmungen per Mail und ich bin aus diesem Grund nicht näher darauf eingegangen“, schreibt Scheler in einer Antwort an die LVZ.

Meinungsäußerungen zu jeglichen Themen seien legitim, so lange verbale, physische und psychische Gewaltfreiheit gewährleistet sei. „Grundsätzlich zu verurteilen ist definitiv die Anwendung von bedrohlichen und einschüchternen Mitteln“, schreibt Scheler weiter. Es gebe Grenzen, die er in der beschriebenen Situation überschritten sehe.


21.10.2023

Geflüchtetenunterkunft in Eilenburg: Termin für den Einzug verschoben

Seit Ende September stehen die Wohncontainer der neuen Geflüchtetenunterkunft auf dem Schanzberg in Eilenburg. Erste Menschen sollen allerdings nicht, wie zuvor angekündigt, Anfang November einziehen.

Noch immer gibt es viele offene Fragen rund um die Öffnung der neuen Geflüchtetenunterkunft auf dem Schanzberg in Eilenburg. Seit Ende September stehen die Wohncontainer auf der rund 2000 Quadratmeter großen Fläche. Als möglichen ersten Einzugstermin für geflüchtete Menschen hatte das Landratsamt Nordsachsen Anfang Oktober den ersten November genannt. Aktuell sieht es allerdings danach aus, als würde dieser sich weiter nach hinten verschieben.

Dies liegt unter anderem daran, dass laut Landratsamt noch nicht feststeht, welcher Träger die Betreuung der Einrichtung vor Ort übernehmen wird. Eine Eröffnung im November wird seitens des Landratsamtes angestrebt, ein genauer Termin kann jedoch noch nicht genannt werden.

Geflüchtetenunterkunft in Eilenburg: Tag der offenen Tür vor Einzug

Klar ist dagegen, dass es im Vorfeld der Öffnung ein Tag der offenen Tür auf dem Schanzberg geben soll, um vor Ort Transparenz zu schaffen. So sollen die Anwohner die Möglichkeit haben, ihre Fragen – etwa zu Sicherheit und der Betreuung vor Ort – zu stellen und auch die Einrichtung von Innen zu besichtigen. Auch eine Kontaktmöglichkeit zum künfitigen Betreuer soll bei dieser Gelegenheit kommuniziert werden.

Bereits seit Januar steht fest, dass in der neu geschaffenen Unterkunft bis zu 96 Personen untergebracht werden sollen. Der zusätzliche Wohnraum für Geflüchtete wird dringend benötigt, da die zur Verfügung stehenden Kapazitäten in Nordsachsen aktuell so gut wie ausgelastet sind. Der Landkreis rechnet damit, dass ihm in diesem Jahr insgesamt bis zu 1500 neue Asylbewerber zugeteilt werden.


28.10.2023

Rechtsextreme vor Geflüchtetenunterkunft in Eilenburg: Leiterin der Arche wünscht sich klare Haltung von der Stadt

Mit Pyrotechnik und fremdenfeindlichen Schildern zeigten sich Unbekannte vor der Geflüchtetenunterkunft auf dem Schanzberg in Eilenburg. Bilder, die verunsichern und Ängste schüren sollen, sagt Yvonne Pötzsch, Leiterin der Arche Eilenburg. Nicht nur sie fordert von der Stadt ein klares Statement.

„Ich bin enttäuscht und verärgert – aber auch erschrocken“, sagt Yvonne Pötzsch. Die Leiterin des Mehrgenerationenhauses Arche (MGH) bezieht sich auf die Bilder, die seit einigen Tagen in verschiedenen Social-Media-Kanälen zu sehen sind. Darauf posiert eine Gruppe dunkelgekleideter Personen mit Pyrotechnik und fremdenfeindlichen Schildern nachts vor der noch unbewohnten Notunterkunft für Geflüchtete auf dem Schanzberg in Eilenburg.

Pyrotechnik und Schilder auf dem Schanzberg: Staatsschutz ermittelt

Die abgebildeten Menschen gehören mutmaßlich zumindest in Teilen zu einer Leipziger Gruppe, die sich die „Messestadtaktivisten“ nennt. Darauf weisen Beiträge auf dem Instagram-Profil der Gruppierung hin, die mit den Jungen Nationalisten, der Jugendorganisation der NPD (seit 2023: Die Heimat), in Verbindung steht oder sich zumindest mit ihnen solidarisiert. Die Fotos werden jedoch auch über mehrere Eilenburger Kanäle geteilt. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz, unter anderem zur strafrechtlichen Bewertung der Schilder.

„Es ist für mich unverständlich, dass man Menschen, die eigentlich Hilfe suchen, von vornherein angreifen und verletzen will“, sagt Pötzsch, die sich über ihre Arbeit in der Arche viel für die Integration von Geflüchteten vor Ort einsetzt. Bilder wie die auf dem Schanzberg zielten darauf ab, zu verunsichern und Angst zu schüren. „Fackeln vor der Unterkunft werfen die Frage auf, wann sie auch in der Unterkunft sind. Ich befürchte, dass es einige Leute gibt, die das, was sie da andeuten, auch umsetzen würden.“

„Wenn maskierte Menschen mit brennenden Fackeln vor Flüchtlingsunterkünften posieren, schafft das eine bedrohliche Atmosphäre, die alle Menschen mit nicht-rassistischer Weltanschauung indirekt versucht, einzuschüchtern“, steht auch in einem Brief, der in dieser Woche an die Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Ralf Scheler (parteilos) geschickt wurde. Das sagt Chris Eilenstein, der Verfasser des Schreibens, der die Zeilen auch an die LVZ weitergeleitet hat. Eilenstein ist Administrator der regionalen Facebookgruppe „Wir lieben Eilenburg“ und Mitglied der SPD vor Ort. Im Schreiben fordert er die Stadtverwaltung auf, zu reagieren.

Forderung an die Stadt Eilenburg: Klares Statement für Menschlichkeit

Im Rathaus sei die Aktion vor der Geflüchtetenunterkunft bisher noch kein Thema, gab Oberbürgermeister Ralf Scheler am Mittwoch gegenüber der LVZ an. Zwar betreibt die Stadt verschiedene Social-Media-Kanäle, Scheler selbst erklärte jedoch, dort persönlich nicht aktiv zu sein. „Lediglich ein Bürger beschrieb mir bruchstückhaft seine Wahrnehmungen per Mail und ich bin aus diesem Grund nicht näher darauf eingegangen“, schreibt Scheler.

Trotz aller Meinungsfreiheit sei die Anwendung von „bedrohlichen und einschüchternden Mitteln“ grundsätzlich jedoch zu verurteilen. Es gebe Grenzen, die er in der beschriebenen Situation überschritten sehe.

„An die Stadt habe ich den Wunsch, dass es eine klare Haltung gibt und sie nach außen zeigt, dass sie zu den Grundwerten unserer Verfassung steht“, sagt Yvonne Pötzsch. Ihr fehle ein klares Statement: „Dass wir alle Menschen sind und aufeinander achten.“ Sie selbst sei gerne bereit, auf respektvoller Basis mit Menschen zu sprechen, die im Zusammenhang mit der Geflüchtetenunterkunft Ängste hegen. „Es gibt auch die Möglichkeit zu uns ins Café International zu kommen, um sich kennenzulernen“, so Pötzsch. Sie empfiehlt Personen, die offene Fragen haben, auch den Tag der offenen Tür am 4. November im Vorfeld der Eröffnung der Geflüchtetenunterkunft zu nutzen.